R 25/3 Oberhausen, Ruhrgebiet

Begonnen von HaseIgel, 05 Mai 2020, 21:24:31

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HaseIgel

Nachdem Schorsch mir freundlicherweise beigebracht hat, wie das geht, will ich mich, vier Monate nachdem ich Mitglied geworden bin, auch mal vorstellen – besser gesagt: meine R 25/3. Erst aber wollte ich sie fertighaben, und jetzt bin ich soweit.

Das gute Teil habe ich 1978 von einem ehemaligen Schulfreund geschenkt bekommen – d.h einen Rahmen und ein paar Kisten mit Teilen und Schrauben, und verunfallt. Er hatte es Jahre zuvor nur einen Sommer gefahren und nach einer Landung im Graben seinen Enthusiasmus verloren. Um es überhaupt aufbewahren und irgendwo lagern zu können, hatte er das Ganze zerlegt und zu seinen Eltern gebracht. Ein paar Teile hatte er auch in der Zwischenzeit mal verliehen und nicht zurückbekommen ...

So habe ich mich darangemacht, das Puzzle wieder zusammenzusetzen. Periodisch stellte ich dann fest: "Hier fehlt doch irgendwas!" und musste dann herausfinden, was genau. Nun hatte man damals nicht die Möglichkeiten wie heute: um einen Blick auf eine Explosionszeichnung einer Ersatzteilliste werfen zu können, musste man zu BMW gehen, sagen, dass man ein Ersatzteil bräuchte und dann – der abgewetzte und von Ölfingern verschmierte ET-Katalog lag umgekehrt vor einem auf der Theke, weil ja der phlegmatische und nicht unbedingt vor Hilfsbereitschaft sich überschlagende Lagerist ihn zu sich gedreht betrachtete – versuchen, sich von der auf dem Kopf stehenden Seite so viel wie möglich einzuprägen und das gewonnene Wissen mit nach Hause nehmen.

Teile gab es damals nur bei BMW, aber lediglich Restbestände. Was die nicht hatten, das konnte man sich abschminken. Vielleicht fuhr man noch drei weitere BMW-Händler an und fragte dort, um nichts unversucht gelassen zu haben. Ansonsten: Warten, Herumhören, Zwangspause. Vielleicht gab es auch damals schon andere Quellen; ich glaube es zwar nicht, aber auf jeden Fall fehlte die Information darüber.

Anekdote: von einem früheren Griechenland-Urlaub wusste ich, dass dort etliche zu Dreirädern umgebaute R 25 als Lastesel fuhren (in den 70er Jahren). So habe ich eine erneute Reise dorthin 1980 genutzt, um mich gezielt nach Teilen umzuschauen. Mir fehlte seit zwei Jahren die Hardyscheibe und der Chromring dafür; in Deutschland hatte ich die Suche danach aufgegeben. Ich hatte – in Begleitung eines griechischen Freundes – noch keine zehn Schritte vom Eingangstor des Auto-Gebrauchtteile-Basars in Saloniki gemacht, als ich schon ein BMW-Emblem über einem kleinen Laden prangen sah. Sekunden später hielt ich eine neue Hardyscheibe griechischer Produktion fest in der einen und zwei als Reserve in der anderen Hand. Jetzt noch der Chromring. Der freundliche Händler hatte ihn nicht, ging aber eben zu seinem Nachbarn und kam mit einem alten, weitgehend chromlosen Originalteil zurück. – So einfach!

So konnte es weitergehen. Und nach drei Jahren Zusammenschrauben, mit Pausen dazwischen, stand sie dann komplett und funktionsfähig wieder da und wurde zugelassen.

Und dann gefahren.

Es hätte immer noch viel zu tun gegeben, aber ich hatte keine Ambitionen, sie so aufzumöbeln, dass sie wie neu aussah. Ich finde auch weiterhin, dass Originalzustand mit Kratzern und Patina eine ebensogute Ausstrahlung hat. Wichtig sind mir ein passabler technischer Zustand und Zuverlässigkeit.

Irgendwann in den 80er Jahren hatte ich dann die unschätzbare Gelegenheit, ein Werkstatt-Handbuch kopieren zu können. Ab da fühlte ich mich beim Schrauben wie mit einem großen Bruder an der Seite, und, immer einen Blick auf ihn werfend, wurde der Motor – welcher es nötig hatte – überholt.

Von da aus der Sprung in die Aktualität: sie hatte bis letztes Jahr wieder ca. 15 Jahre im Keller gestanden, a) weil ich jahrelang nicht zu Hause gewesen war, b) weil ich inzwischen das Fahrradfahren dem Motorradfahren vorzog und c) weil wieder enorm viel daran zu überholen war: an allen denkbaren Stellen tropfte das Öl heraus, überall hatte ich Schälchen untergestellt; es war ein trister Anblick. Am besten eine alte Decke darüber und Licht aus.

Eines Tages habe ich mich aber doch darangemacht, sie wieder flottzukriegen. Natürlich wollte ich "nur das Notwendigste, nur mal eben so" überholen, aber ...

... nach einem Dreivierteljahr, nach Motor, Getriebe, Radaufhängung, Hinterradantrieb, nach Simmerringen, Dichtungen, Distanzscheiben, nach Bremsen, Speichen, Reifen, Elektrik und ungezählten Stunden während verregneter Wintermonate steht sie wieder da in mattem Glanz – und fährt!

Das Forum habe ich zufällig entdeckt, als ich mal irgendetwas recherchiert habe, und ich bin darüber reichlich froh, denn viele Artikel haben mir entscheidend weitergeholfen. Selber habe ich auch ein paar Fragen gestellt und beantwortet bekommen. Da sei allen erneut gedankt! – UND DANN habe ich zweimal freundliche und tatkräftige Hilfe vom Bernd aus Dortmund bekommen, der mich eingeladen hat, einfach mit meinem Problem zu ihm zu kommen. Danke nochmals, Bernd!


Zum Schluss zwei Kommentare:

Man braucht, um diesem einfachen Zweirad zu Leibe zu rücken, doch eine Menge Spezialwerkzeug – mehr als fürs Auto, würde ich sagen.

Andererseits: was die Informations- und die Ersatzteilbeschaffung angeht, leben wir heute im Paradies: drei Klicks, und du hast eine Zeichnung vor dir; Teile bestellen kannst du gleich bei mehreren Händlern; es gibt nichts, was es nicht gibt; Werkstatthandbuch kannst du gratis herunterladen; Spezialwerkzeug kannst du kaufen oder nach Foto/Zeichnung selbst anfertigen. Und dann das Forum mit seinen zigtausenden Tipps ...

Allen, die das Forum am Laufen halten, sei Anerkennung!

Gerne würde ich auch mal zu einem Treffen kommen. Zuerst aber ist wichtiger, dass alle Corona heil hinter sich bringen – und das wünsche ich euch erstmal.

Peter

HaseIgel



Risky

Willkommen im Forum.

Die Geschichte erinnert mich sehr an meine...

Nur bin ich noch am zusammenbauen. 


Beste Grüße
Thilo
Bedenke: Wo immer du hin gehst, da bist du dann auch

R 25/3  1954    Citroën AMI 6  1964    Ducati Multistrada PP  2013

noai_87

Wow, Respekt wie du dir damals die Teile besorgt hast. Ein Leben ohne Internet kann ich mir gar nicht vorstellen  ??? ;)

cledrera

Peter,
willkommen im Forum; ihr zwei.

Clemens
Du bist im Recht; nun sieh zu, wie du da wieder heraus kommst. (v. Chamisso)
Lieber Einzylinder als zwei Fallschirme (v. mir)

mekgyver

Hallo Peter, herzlich willkommen  :blumen:
ja, so war das in den 70er-80er  ;D  8) Warst Du nie bei Karl Rebuschat, am Kanal hinter Gelsenkirchen in Richtung Pferderennbahn, Bottrop ? Das war schon eine bedeutende Drehscheibe damals.

Gruß mek  :prost:
... 73er-Gang

isettawin

Tolles Maschine, tolle Vorstellung...
Das waren noch Zeiten, aber die komplizierte Suche hat auch Spaß gemacht, wenn man denn endlich Erfolg hatte. 1986 hab ich den letzten Lenkungsdämpferknauf zu einem Spottpreis bei der BMW Niederlassung in Essen bekommen.  :juhuu:
Gruß
klaus aus Krefeld und jetzt in Freiburg
Alle sagten, das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat's gemacht.

HaseIgel

Warst Du nie bei Karl Rebuschat, am Kanal hinter Gelsenkirchen in Richtung Pferderennbahn, Bottrop ? Das war schon eine bedeutende Drehscheibe damals.

Hallo – nein, höre ich z. ersten Mal.

HaseIgel

Ich habe schon wieder vergessen, wie man zitiert.

Heiko

#8
Einfach auf den Button ,,Zitat" drücken... dann hinter dem Text schreiben.

Karl am Kanal... ist direkt am Kanal an der Zeche Nordstern. Kenne ich zwar nicht aus den 70ern oder 80ern, war aber insgesamt dreimal dort. In den 90ern und 2000ern nur Mofafraktion und Verkäufer in gelben Gummistiefeln und Parka.


Heiko
Ariel motorcycles... upon which the sun never sets.

töff-töff

Tolle Vorstellung und eine schöne Schilderung, Peter. Dankeschön dafür.   :thumbsup:

Für die R27 gab es in den 70ern und 80er Jahren noch alle Teile bei Motorrad Basdorf in Gelsenkirchen oder in der BMW Niederlassung / Essen. 

Die Geschichte mit den umgedrehten Teilekatalogen kann ich nur bestätigen. Die Liste war bei unserem BMW Händler wohl so was wie eine Bibel. Wer da als Kunde in einem unbeobachteten Moment reingucken wollte, bekam oft einen Blick zugeworfen, als wollte man in der Schule die Mathearbeit vom Nebenmann abschreiben.

Das Treffen und der Teilemarkt bei Karl Rebuschat war in den 80er Jahren legendär. Karl war ein ehemaliger Bergmann und Deutscher Motocrossmeister von 1968, in der Klasse über 500ccm.

Er hatte sich seit ca. Ende der 60er in der ehemaligen Gaststätte Hagemann an der Wallstraße ein Motorradmuseum eingerichtet. Um 1976 hat er dann ein Veteranentreffen ins Leben gerufen. Das fand dann jeden 2. Sonntag im Monat statt. Palavert wurde in der ehemaligen Küche. Die Getränke waren im Sommer kühl, im Winter heiß, so wie es seien sollte.

Der Teilemarkt bestand anfangs aus einigen wenigen Ständen auf seinem Hof und dem Gelände hinter dem Haus. Später auch auf der Wallstraße, die vor dem Haus liegt. Die früher stark frequentierte Straße zwischen Kanal und Emscher war seit dem Abriss der beiden Brücken eine Sackgasse und wurde nur von den Anwohnern der wenigen Häuser benutzt. Mit der Zeit wurde das Treffen und der Markt dann immer größer.
Eine große Hilfe war ihm dabei sein Sohn Klaus, ein lieber Mensch, der leider viel zu früh verstorben ist.

Nach der Schließung der Zeche Nordstern und dem Bau der BUGA standen auch die angrenzenden Parkplätze zur Verfügung.
Später hat Karl dann altersbedingt die Organisation an einen gewerblichen Veranstalter abgegeben. 2012 ist er im Alter von 81 Jahren verstorben, sein Museum wurde aufgelöst.

Es ist richtig, dass sich den letzten Jahren das Angebot auf dem Teilemarkt mehr auf die 50ccm Mopeds verlagert hat.

Gruß, töff-töff schorsch

"Als deutscher Tourist im Ausland steht man vor der Frage, ob man sich anständig benehmen muß oder ob schon deutsche Touristen dagewesen sind" (Kurt Tucholsky)

Herculestom

Erinnerungen an eine vergangene Zeit. Schön.
umuntu ngumuntu ngabantu

Kavallerie1

Hallo Peter,
ich habe gerade deine schöne BMW Geschichte gelesen. Ich glaube es könnten viele unserer (älteren ) Mitglieder ähnlich Erlebtes berichten.
Warum ich dich gezielt anschreibe: wegen den Fotos deiner schönen R25. Mir gefällt der Gepäckträger sehr gut! Das Motorrad bleibt trotzdem elegant. Wo gibt es den zu kaufen??
Ich habe selber einen diesen "üblichen" zum hochklappen. In Verbindung mit Sitzbank ist der noch akzeptabel, aber bei nur montierem Fahrersattel vermurkst er die ganze Optik.
Gruß Theo


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