Etwas Längeres zum Zündzeitpunkt

Begonnen von Timmmäh, 19 Januar 2017, 20:00:56

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Timmmäh

Nabend zusammen,

ich habe gerade bei den Kollegen im 2V Forum etwas interessantes zum Zündzeitpunkt gefunden und möchte euch das nicht vorenthalten.
Quelle:
Ulf Penner
Beitrag im 2V Forum

Zünd Zeit Punkt


Zündung ist ein Thema, das beim Tuning im Gegensatz zur Einspritzung eher stiefmütterlich behandelt wird. Ein Grund dafür ist, dass sie erheblich weniger Einfluss auf die Abgaswerte hat als die Spritmenge. Die Motorradhersteller können deshalb dichter am Optimum bleiben, als es bei der Einspritzung möglich ist. Aus diesem Grund reagieren die meisten Motorräder auf dem Prüfstand kaum positiv auf Änderungen an der Zündung. Es besteht also erstmal kein großer Handlungsbedarf.
Spätestens bei einem Motor, der durch Tuning in seinem Leistungsverlauf von der Serie abweicht, lohnt es sich aber durchaus, auch ihr ein bisschen Aufmerksamkeit zu widmen.


Vorweg noch ein paar Sätze zu speziellen Zündkerzen, Zündkabeln und Zündspulen. Über dieses Thema entbrennen in der Gemeinde immer wieder Glaubenskriege. Die einen schwören, eine deutliche Verbesserung festgestellt zu haben, während die anderen es in das Reich der Fabel verweisen. Tatsächlich können diese Teile eine Verbesserung bringen. Und zwar immer dann, wenn ein zündunwilliges Gemisch vorliegt. Das betrifft bei modernen Motorrädern vor allem den Bereich niedriger Drehzahlen und geringer Last, in dem der Motor auf Lambda 1 laufen muss. Dort kann ein stärkerer Zündfunke dafür sorgen, dass die Verbrennung sauberer und zuverlässiger abläuft. Um zu einem wirklich gut laufenden Motor zu kommen, ist es aber wesentlich effektiver - wenn auch etwas aufwendiger und illegaler - das Gemisch zu optimieren. Wenn du das erledigt hast, reichen die Serienteile völlig aus.


Jetzt bleibt nur noch die Einstellung des Zündzeitpunktes, und um den soll es im Folgenden gehen.

Wenn wir uns eine typische Zündkurve anschauen, fängt sie im Standgas mit einem Zündzeitpunkt von 5 bis 10 Grad vor OT an, geht dann bis zum Ende des ersten Drehzahldrittels auf 25 bis 30 Grad hoch und lässt ihn bis zum Drehzahlbegrenzer dort. Bei Einzelzylindern mit großer Bohrung und dezentraler Kerze können es auch mal 35 Grad sein, während für kleinere Bohrungen oder Doppelzündung 20 bis 25 Grad reichen. Mit der entsprechenden Einstellung wird jedes Motorrad ordentlich laufen.


BILD ZÜNDKURVE


Wenn es darum geht, den optimalen Zündzeitpunkt zu finden, wird es - zumindest praktisch - nur wenig schwieriger. Dazu aber später mehr. Lass uns bis dahin ein bisschen in die Zündungstheorie eintauchen und die Vorgänge im Motor betrachten.


BILD DRUCKVERLAUF


Der Kolben hat ein Benzin/Luft Gemisch angesaugt und ist jetzt wieder auf dem Weg nach oben. Kurz bevor er den oberen Totpunkt erreicht hat, wird das verdichtete Gemisch gezündet. Der Grund für die Zündung vor dem eigentlichen Verbrennungstakt ist, dass die Flamme eine gewisse Zeit braucht, bevor sie das gesamte Gemisch erfasst hat. Dabei baut sich ein Druck auf, der sein Maximum ca. 10 Grad nach OT erreichen sollte. Weil die Flammgeschwindigkeit sich nicht ändert, muss bei steigender Drehzahl der Zündzeitpunkt früher liegen, um diesen Punkt rechtzeitig zu erreichen.
Schon hier stoßen wir auf den ersten Widerspruch zu den oben genannten Zündkurven. Wenn wir von 1000 Umdrehungen Standgas und einer Frühzündung von 10 Grad ausgehen, haben wir 20 Grad, bevor das Druckmaximum erreicht wird. Bei nicht ungewöhnlich hohen 10.000 Umdrehungen wäre nach dieser Rechnung 200 Grad und ein Zündzeitpunkt nötig, der 190 Grad vor OT liegt. Noch abstruser wird es, wenn wir die Flammgeschwindigkeit eines Benzin/Luft Gemischs betrachten. Sie liegt bei überraschend niedrigen 30 Zentimetern pro Sekunde.


Wenn du jetzt deinen Taschenrechner anwirfst, wird das Ergebnis sein, dass damit auch in einem kleinen Brennraum der Kolben schon bei wenigen hundert Umdrehungen der Flammfront uneinholbar davongeeilt wäre. Bei einer 60 Millimeter Bohrung und zentraler Kerze kommen wir grob auf eine zehntel Sekunde, bis die Flamme den Brennraumrand erreicht hat. Bei 1000 Umdrehungen hat der Motor in dieser Zeit aber schon deutlich mehr als eine volle Umdrehung zurückgelegt. Ein hoffnungsloses Unterfangen.

Glücklicherweise haben wir es bei den Angaben zur Flammgeschwindigkeit aber mit Bedingungen zu tun, die sich erheblich von denen im realen Motor unterscheiden. Die 30cm/sek gelten für ein ruhendes Lambda 1 Gemisch, das Raumtemperatur hat und unter Umgebungsdruck steht.
Ein leicht überfettetes Gemisch im Bereich um Lambda 0,9 brennt ca. 10% schneller. Das ist noch keine große Hilfe, wird aber später interessant, wenn es um die Einstellung eines Motors geht an dessen Einspritzkennfeld/Vergaser etwas geändert wurde.
Deutlich ergiebiger wird es, wenn wir die Temperatur verändern. Ein warmes Gemisch brennt schneller als ein kälteres. Schon auf dem Weg in den Brennraum steigt die Temperatur des Gases durch den Kontakt mit den warmen Motorteilen. Durch die Kompression geht sie noch einmal richtig hoch. Am Ende des Verdichtungstaktes sind es ca. 200 bis 250 Grad. Die Flammgeschwindigkeit wächst dadurch ungefähr um den Faktor 3. Zusätzlich steigen der Druck und die Temperatur im Brennraum während der Verbrennung weiter an, was die Ausbreitung noch einmal beschleunigt und zwischenzeitlich auf ca. 2 bis 3m/sek steigen lässt. Die Flammgeschwindigkeit sinkt wieder, wenn sie in die Nähe der Zylinderwand kommt, weil diese einen Teil der Wärme absorbiert. Da gibt es allerdings eine große Spanne vom wassergekühlten Motor, der sich noch in der Kaltlaufphase befindet, zu dem luftgekühlten Motor, mit dem du gerade eine halbe Stunde bei 30 Grad im Stau gestanden hast. Wo wir gerade beim Thema sind: Gefährlich wird es dann, wenn die Temperatur des noch unverbrannten Gemischs in den Bereich über 450 Grad kommt, weil dann die Grenze zur Selbstzündung erreicht ist. (Dazu später mehr unter dem Stichwort Klopfen/Klingeln). In großen Brennräumen mit langen Flammwegen werden Druck und Temperatur in den noch nicht erreichten Randbereichen stärker ansteigen als in kleinen. Bei einer dezentralen Kerze sind davon besonders die weiter entfernten Zonen betroffen. Diese Effekte auf die Geschwindigkeit der Flamme sind kaum zu berechnen, weil hier zu viele Variable eine Rolle spielen. Für ein zuverlässiges Ergebnis bleibt nur der Versuch am realen Motor. Aber auch wenn diese Größenordnungen immer noch nicht reichen, einen Motor bei hohen Drehzahlen laufen zu lassen, sind wir dank der Kompression schon einmal einen guten Schritt weiter gekommen.

Um es nicht zu spannend zu machen: Der Schlüssel liegt in der Verwirbelung des Gemischs. Je höher der Motor dreht, umso stärker tritt dieser Effekt ein. Schon bei niedrigen Drehzahlen und Gasgeschwindigkeiten wird das Gemisch vom Einlassventil in verschiedene Richtungen gelenkt und von den Zylinderwänden reflektiert. Diese noch relativ groben, laminaren Strömungen werden am Ende des Verdichtungstaktes auf engem Raum ineinander gefaltet. Wir haben es schon jetzt nicht mehr mit einer Flammfront zu tun, die sich wie ein Ballon mit glatter Oberfläche ausbreitet, sondern mit Strömungen, die die wirksame Oberfläche dreidimensional zerklüften und um ein Vielfaches vergrößern. Bei hohen Drehzahlen wird die Strömung nicht nur schneller, sondern es treten auch die ersten Turbulenzen auf. Hierdurch wird die Verbrennung weiter beschleunigt und wir sind endgültig dort angekommen, wo wir hinwollten. Die Flammgeschwindigkeit kann jetzt bei bis 30m/sec betragen. Es gibt übrigens einen sichtbaren Zusammenhang zwischen der beginnenden Drosselung des Motors durch hohe Gasgeschwindigkeiten und der nötigen Frühzündung. Die maximale Frühzündung liegt meistens ab dem Bereich an, in dem die höchste Füllung (das höchste Drehmoment) annähernd erreicht wird. Von nun an wächst der turbulente Anteil der Strömung überproportional an, so dass der Zündzeitpunkt nicht weiter erhöht werden muss, oder sogar leicht sinken kann. Nur wenn die Füllung zum Ende des Drehzahlbandes stark abfällt, brauchen manche Motoren ein paar Grad mehr.


BILD DRUCKVERLAUF FRÜHZÜNDUNG


Bei einem zu frühen Zündzeitpunkt liegt ein größerer Anteil des Verbrennungsdrucks vor OT und bremst nicht nur den Kolben ab, sondern fehlt auch nach OT. Das kostet Leistung. Außerdem steigen der Maximaldruck und die Temperatur erheblich an. Das ist - wie oben schon beschrieben - auch deswegen problematisch, weil das Gemisch an den Rändern des Brennraums durch die Druckwelle der Verbrennung jetzt so stark komprimiert und erhitzt wird, dass es sich explosionsartig selbst entzünden kann, bevor die Flamme es erreicht hat. Die dadurch entstehenden lokalen Druckspitzen sind so heftig, dass sie Material zerstören können. Ein entsprechender Kolben sieht dann so aus, als wäre er an den Rändern angeknabbert worden. Dazu kommt, dass sich Zylinderkopf und Kolbenboden immer weiter aufheizen und die Klopfneigung verstärken. Wenn du jetzt nicht vom Gas gehst, können einzelne Teile so heiß werden, dass es zu Glühzündungen kommt, die das Gemisch weit vor dem eigentlichen Zündzeitpunk entflammen und den Motor innerhalb kürzester Zeit zerstören.
Sprit mit hohen Oktanzahlen neigt aufgrund seiner stabileren Molekülstruktur weniger zur Selbstzündung und kann in Grenzsituationen Schlimmeres verhindern. Wirklich befriedigend ist das aber nicht. Der Einsatz von Sprit mit 98 oder mehr Oktan wird erst dann sinnvoll, wenn du mit der Verdichtung so hoch gegangen bist, daß du nur mit ihm noch einen vernünftigen Zündzeitpunkt fahren kannst. In einem Serienmotor kostet er wegen der etwas geringeren Flammgeschwindigkeit sogar minimal Leistung.
Der Zündzeitpunkt und die Verdichtung gehören deswegen eng zusammen. Allgemein kann man sagen, dass die Verdichtung immer nur so hoch gewählt werden darf, dass sie bei einem Zündzeitpunkt, der das Druckmaximum zum optimalen Zeitpunkt erreicht, gerade nicht zu unkontrollierter Verbrennung führt. Die Zündung wegen zu hoher Verdichtung zurücknehmen zu müssen, ist der schlechtere Weg, weil er Effizienz und Leistung kostet. Im Automobilbereich werden bei relativ großen Einzelhubräumen möglichst hohe Verdichtungen gefahren, um unter normalen Bedingungen einen hohen Wirkungsgrad und geringen Spritverbrauch zu erreichen. Hier überwachen Klopfsensoren die Verbrennung und nehmen den Zündzeitpunkt zurück, sobald die ersten Anzeichen unregelmäßiger Verbrennung auftreten. Im Motorradbau geht z.B. BMW mit den großen Boxern diesen Weg.
Trotz der hohen Literleistungen sind die meisten modernen Motorradmotoren recht unempfindlich. Relativ kleine Einzelhubräume, Wasserkühlung und Vierventilköpfe mit zentraler Kerze erlauben Verdichtungen, die vor einigen Jahren noch Rennaggregaten vorbehalten waren. In fast allen Fällen sind die Hersteller trotzdem immer noch so weit auf der sicheren Seite geblieben, dass es ohne eine Rücknahme des Zündzeitpunkts möglich ist, die Verdichtung maßvoll zu erhöhen. Um nichts zu riskieren - oder einfach nur, um es ordentlich zu machen - solltest du den Zündzeitpunkt danach trotzdem anpassen.
Allgemein gilt, daß Zweiventiler mit dezentraler Kerze und großer Bohrung am heikelsten sind. Weil man bestrebt ist, möglichst große Ventile zu verwenden, bleibt in der Brennraummitte einfach kein Platz für die Kerze. Der Umbau auf Doppelzündung ist für die Leistungssuche in diesen Motoren ein großer Schritt nach vorne. Der Zündverzug wird geringer und es sind deutlich höhere Verdichtungen möglich. Vierventiler haben in der Regel eine zentrale Kerze und damit die besseren Vorraussetzungen. Aber selbst dort gehen einige Hertseller bei großen Bohrungen auf zwei Kerzen an den Brennraumrändern.


Nicht ganz so problematisch ist ein zu später Zündzeitpunkt. In diesem Fall wirst du zwar auch Leistung verlieren, weil die Verbrennung dem Kolben hinterherläuft, aber die Klopfneigung ist kein Problem mehr. Trotzdem solltest du es nicht zu gut mit deinem Motor meinen, denn ganz harmlos ist die Sache nicht. Weil ein größerer Teil der verfügbaren Energie nicht in Vortrieb, sondern in Wärme umgesetzt wird, werden Zylinderwände und Auslasstrakt stark aufgeheizt. Besonders kritisch wird es für das thermisch ohnehin hoch belastete Auslassventil, weil die Abgastemperaturen wesentlich höher liegen.


Der Drosselklappensensor und das Zündkennfeld


Bisher haben wir die Zündung im Volllastbereich behandelt. Nicht nur Einspritzmotoren, sondern auch die Vergaser der letzten Generation verfügen über Drosselklappensensoren, die es ermöglichen aus der Zündkurve ein Zündkennfeld zu machen. Wenn wir uns ein typisches Kennfeld anschauen, sind es vor allem die Bereiche mit geringer Last und hoher Drehzahl, bei denen die Zündzeitpunkte früher als bei Volllast liegen. Der Grund dafür ist die geringere Füllung. Die effektive Verdichtung sinkt und der Bedarf an Frühzündung steigt. Bei niedrigen Drehzahlen ist das noch kein Problem, weil auch bei wenig geöffneter Drosselklappe annähernd die gleiche Füllung wie bei Volllast erreicht wird. Aber sobald die Drehzahl steigt, findet eine Drosselung statt. Selbst mit einer einfachen Zündkurve läuft ein Motor bei Teillast zwar immer noch zufrieden stellend - aber es geht besser. Hier ein Beispiel mit verschiedenen Drosselklappenöffnung gegenüber der Volllastkurve.


BILD FRÜHZÜNDUNG 20% Drosselklappe gegen 100%


Der Unterschied ist nicht dramatisch, aber sichtbar. Bei größeren Gasgrifföffnungen beginnt er später und fällt geringer aus - bei kleinerer Last beginnt er früher und ist größer. Für die abrufbare Leistung eines Motors brauchst du nicht unbedingt ein Kennfeld. Hier reicht eine ordentliche Zündkurve aus, weil du bei Bedarf einfach mehr Gas geben kannst. Ein Leben ohne Zündkennfeld ist also möglich. Aber es verschlechtert die Gasannahme und erhöht den Spritverbrauch. Ein weiterer Gesichtspunkt ist das Abgas. Euro-3 homologierte Motoren brauchen einen genau abgestimmten Zündzeitpunkt, weil sowohl eine zu frühe als auch eine zu späte Zündung das Abgasverhalten verschlechtern. Im ersten Fall steigt wegen des hohen Drucks und der hohen Temperaturen der Ausstoß an Stickoxiden, im zweiten Fall wegen der verschleppten Verbrennung der an Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid.
Wenn du ein Vergasermodell, das serienmäßig mit einem Drosselklappenpoti ausgestattet ist, auf Flachschieber umbauen willst, kann es sein, dass das Poti nur schwer anzubringen ist. Wenn es nicht anders geht: Lass es auf jeden Fall aktiv, steck es irgendwo unter den Tank und setz es mit einem Tropfen Heißkleber auf Volllast fest.
Ein Sonderfall sind Zündkennfelder, die der Drosselung dienen. Wegen der eben erwähnten Abgasproblematik wirst du so etwas in modernen Motoren kaum finden. Heute erledigt man das über Sekundärklappen oder Drive-by-wire. In einigen leistungsstarken älteren Vergaser-Modellen findest du aber noch Regelungen, die in den unteren Gängen Leistung über die Zündung wegnehmen, um ältere Herrschaften nicht zu überfordern. Auch nicht so selten sind zahme Kennfelder, die im zweiten und dritten Gang greifen. Die entscheidenden Geräuschmessungen für die Zulassung werden in genau diesen Gängen gefahren. Dadurch sinkt der Abgasdruck zum Ende des Verbrennungstaktes und reduziert die Lautstärke des Auspuffs. Weil das immer über einen Sensor gemacht wird, der dem Steuergerät über verschiedene Widerstände den eingelegten Gang meldet, reicht in beiden Fällen als einfache Abhilfe ein fester Widerstand, der einen offenen Gang simuliert. Wenn Elektrik nicht so dein Ding ist, hast du gute Chancen auf dem Zubehörmarkt eine Plug&Play-Lösungen zu finden.


Und nun endgültig Praxis


Eine Grundvoraussetzung für das Ermitteln des optimalen Zündzeitpunktes ist ein Gemisch, das überall stimmt - und natürlich eine programmierbare Zündung. Im Gegensatz zu den vielfältigen Möglichkeiten und Geräten, die es heute gibt, das Gemisch zu optimieren, ist es bei der Zündung schwierig. Für Modelle mit Vergaser ist die tschechische Ignitech meine Empfehlung. Die zahlreichen Programmiermöglichkeiten lassen keine Wünsche offen, die Bedienung ist einfach und mit etwa 150 Euro ist sie auch ein günstiger Ersatz für eine abgerauchte Serien CDI. Eine andere Möglichkeit für den, der nicht lange abstimmen will, sind Zündmodule mit mehreren fest eingestellten Kurven, zwischen denen du über einen Drehschalter wählen kannst - eine Lösung, die mit der Qualität der vorab eingestellten Kurven steht und fällt und nur zufällig optimal sein kann. Ich bin mit so etwas nicht ganz glücklich, und spätestens bei größeren Änderungen am Serienmotor würde ich davon abraten. Bei Einspritzmotoren bist du darauf angewiesen, eine Software zur Verfügung zu haben, mit der du in das Steuergerät kommst. Die Hersteller machen es dir dabei nicht leicht, aber die meisten Steuergeräte sind inzwischen geknackt. Seit einiger Zeit bietet auch Dynojet beim Powercommander für viele Modelle zusätzlich eine Zündeinstellung an.
Wenn du ein passendes Gerät hast, kann es losgehen. Der Königsweg ist die Aufzeichnung des Druckverlaufs im Brennraum über Drehzahl und Last im Fahrbetrieb. Das nötige Equipment kostet ab circa 5000 Euro aufwärts und muss aufwendig installiert werden. Dann folgen die Messfahrten und die Auswertung der Aufzeichnungen. Das musst du ein paar Mal wiederholen, bis es passt. Erheblich einfacher und günstiger wird es, wenn du Versuche mit verschiedenen Zündkurven auf einem Prüfstand fährst. Dafür setzt du die Zündung in fünf Grad Schritten durchgehend auf einen Wert fest und machst damit jeweils eine Leistungsmessung. Fang im unteren Drehzahlbereich mit 10 und 15 Grad an. Bei der nächsten Messung erhöhst du jeweils ab dem Punkt, an dem Kurven auseinander laufen, um weitere 5 Grad. Setz die endgültige Zündkurve dann aus den kleinsten Werten zusammen, die noch die volle Leistung erreichen. Zur Kontrolle solltest du am Schluss noch einmal zwei Läufe fahren, bei denen du sie durchgehend um drei Grad tiefer und höher setzt.


BILD FRÜHZÜNDUNGEN ROCKET LEISTUNGSVERLAUF


Als praktisches Beispiel eine getunte Triumph Rocket. Der Motor ist mit 10,2 statt 8,7 verdichtet, hat scharfe Nockenwellen und darf freier ein- und ausatmen. Die Serienzündung geht bis auf 36 Grad vor OT. Auf dem Prüfstand habe ich Einstellungen mit 10, 15, 20, 25 und 30 Grad gefahren. Die 25 Grad beginnen erst ab 2500 und die 30 Grad ab 3500 Umdrehungen, um den Motor zu schonen. Aus diesem Grund gibt es auch keine Messungen mit über 30 Grad, nachdem offensichtlich wurde, dass das Leistungsmaximum bereits mit 20 Grad Vorzündung fast erreicht war.


Serienmäßig hatte die Rocket ca. 205 Nm bei 2200 Umdrehungen und eine Drehmomentkurve, die danach abfiel. Die Füllung oberhalb von 2500 Umdrehungen ist durch das Tuning also stark gestiegen. Das bedeutet, dass dort jetzt nicht nur die nominelle, sondern auch die effektive Verdichtung gegenüber der Serie wesentlich höher liegt. Deswegen reichen selbst bei hohen Drehzahlen 20 Grad, die volle Leistung zu erreichen. Nur im mittleren Bereich um 4000/min scheinen die 25 Grad etwas besser zu funktionieren. Hier liegt auch das höchste Drehmoment an und es passt zur Theorie der beginnenden Turbulenzen.
Ein guter Anhaltspunkt ist im obigen Fall der Abstand der 15 Grad Kurve zur 20 Grad Kurve. Dort, wo sie weiter auseinander liegen, solltest du bei den nächsten Versuchen etwas über 20 Grad gehen - dort, wo sie sich näher sind, etwas darunter bleiben. Interessant ist auch, dass die früheren Zündzeitpunkte keine deutliche Verschlechterung bewirken. Das liegt zum einen daran, dass die Druckspitze nicht sklavisch genau 10 Grad nach OT liegen muss, sondern dass es dort immer ein paar Grad Toleranz gibt. Zum anderen trifft ein früherer Zündzeitpunkt auf ein Gemisch, das weniger komprimiert ist und eine niedrigere Flammgeschwindigkeit aufweist. Eine fünf Grad frühere Zündung bewirkt also nicht eine um fünf Grad früher liegende Druckspitze. Erst bei starker Frühzündung wird die Leistung wieder sinken.
Auf jeden Fall wird der Motor jetzt gegenüber der Serienzündkurve keine Leistung verlieren, thermisch und mechanisch wesentlich entspannter laufen und hat gute Chancen sich eines langen, gesunden Lebens zu erfreuen.
101010

Timmmäh

101010

professor buxus

Hallo Tim,
Danke für´s Einstellen! War spannend zu lesen.
Insbesondere war für mich folgende Passage von Interesse:
Von nun an wächst der turbulente Anteil der Strömung überproportional an, so dass der Zündzeitpunkt nicht weiter erhöht werden muss, oder sogar leicht sinken kann. Nur wenn die Füllung zum Ende des Drehzahlbandes stark abfällt, brauchen manche Motoren ein paar Grad mehr.

Das die Zündverstellung bei ca. 3000 Touren zu Ende ist, das wusste ich natürlich. Fand´s aber immer befremdlich. Insbesondere für die R27, welche ja eher selten im Verstellbereich bewegt wird. Da verliert die Verstellkurve deutlich an Bedeutung.
Was ich vermisse ist eine Hinweis auf die Wirkung der Quetschkante welche bei richtiger "Einstellung" die Verwirbelung deutlich fördert, Klingeln entgegen wirkt und so die angesprochene zweite Zündkerze (fast) ersetzen kann.

Ab Drosselklappensensor fängt für unsere Maschinen allerdings der theoretische Teil an. Aber dies liest man ja auch gerne.

Gruß Buxus
Freie Fahrt für freie Einzylinder!  

Timmmäh

Hallo Buxus,

durch eine vernünftige Quetschkante wird das Gemisch besser im Brennraum gespült.
Wird das Gemisch dann besser verwirbelt kann der Zzp entsprechend richtung Spät angepasst werden.
Ich denke auch das dadurch die "turbulenten Strömungen" früher auftreten wodurch sich der Zzp wieder nach Spät verschiebt.
Und durch das herrausdrücken des Gemischs aus der ecke zwischen Kopf und Kolben entsteht dort auch eine geringere Klingelneigung.
Das ist jetzt meine Theorie  ;D

Die gleie Frage wurde jetzt auch von Manfred im 2V Forum gestellt, "Wie wirkt sich die Quetschkante auf den Zündzeitpunkt aus"
Mal abwarten was Ulf Penner dazu schreibt.

Grüße,
Tim
101010

Klemens

Sehr informativ! :respekt: :respekt:

....ich würde ja gerne eine Tabelarische Aufstellung von getunten 1 Zylindern nicht schlecht finden, wo verdichtung, hubraum, düsen, luftfilter, schalldämpfer,zündung und vieles mehr ersichtlich ist.

es kommt ja oft die frage,  was haste fürn Gaser,mit watt für ner Düse, wo haste die Frühzündung stehen usw.
leider kann ich so was nich .... ???
...wäre mal ne Idee !

Michel

Timmmäh

Nabend Michel,

sowas war sogar mal angedacht und wurde erstellt.
Finde ich natürlich gerade nicht.
Ist aber, soweit ich mich erinnern kann, nicht sonderlich viel zusammen gekommen.
Liegt vermutlich dadran dass sich keiner in "die Karten gucken" lassen möchte.
Ganz zu schweigen davon dass die meisten Umbauten nicht eingetragen/legal sind.
Da ist es nicht sonderlich zielführend die sachen öffentlich zu posten.

Allgemein finde ich soeine Aufstellung interessant, vorallem wenn man mal den Horizont erweitern möchte was man noch so machen kann.

Grüße,
Tim
101010

professor buxus

Zitat von: Timmmäh am 20 Januar 2017, 12:02:49
Die gleie Frage wurde jetzt auch von Manfred im 2V Forum gestellt, "Wie wirkt sich die Quetschkante auf den Zündzeitpunkt aus"
Mal abwarten was Ulf Penner dazu schreibt.

Je quetscher desto später!   :)

Gruß Buxus
Freie Fahrt für freie Einzylinder!  

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